Manchmal begegnet einem ein Film, der mehr ist als nur Unterhaltung. Er lässt einen nicht mehr los, bohrt sich ins Herz und zwingt dazu, hinzusehen, wo man vielleicht lieber die Augen verschließen würde. Für mich war „Das Boot ist voll“ so ein Film.
Der Schweizer Spielfilm von 1980 unter der Regie von Markus Imhoof nimmt sich ein düsteres Kapitel der Schweizer Flüchtlings- und Asylpolitik während des Zweiter Weltkriegs vor.
Er erzählt die Geschichte von sechs Menschen, die 1942 auf der Suche nach Sicherheit über die Grenze in die neutrale Schweiz flüchten.
Doch statt Anteilnahme stoßen sie auf verschlossene Türen.
„Das Boot ist voll“, heißt es von Menschen, die keine Bösewichte im klassischen Sinn sind, sondern Leute ganz normale Bürger, die nur das tun, was die Regierung ihnen vorgibt.
Genau das macht diesen Film so beklemmend. Diese Mischung aus Mitgefühl und Hilflosigkeit, die in fast jeder Szene spürbar ist. Die Gesichter derer, die helfen wollen, aber wissen, dass sie sich damit selbst in Gefahr bringen. Und das Schweigen derer, die nichts tun, weil sie glauben, es gehe sie nichts an.
Und dann die obrigkeitshörigen Polizisten, die die Schultern zucken und sagen, “Mir sind die Hände gebunden.”
Wenn Sie den Film „Das Boot ist voll“ noch nicht kennen, lohnt es sich, ihn anzuschauen.
https://markus-imhoof.ch/2018/01/11/das-boot-ist-voll/
Der Film hat mich sehr beschäftigt und dazu geführt, tiefer in dieses Thema einzutauchen und schließlich Dunkle Schatten überm See zu schreiben.
Das erste war eine Passage aus der Autobiografie von Maria Gräfin von Malzahn, „Schlage die Trommeln und fürchte dich nicht“. Sie beschreibt darin, wie sie gemeinsam mit einer jüdischen Frau bei Nacht über den Bodensee in die Schweiz schwimmt. Diese Vorstellung — das kalte, dunkle Wasser, die Angst, entdeckt zu werden, und gleichzeitig die Hoffnung, das rettende Ufer zu erreichen — hat mich nicht mehr losgelassen.
Das zweite war eben „Das Boot ist voll“. Besonders die Figur der Judith Krüger hat mich tief berührt. Die Szene, in der sie ihren Mann im Gefängnis trifft, fand ich kaum auszuhalten – dieses kurze Wiedersehen, die Nähe und doch die Unmöglichkeit, wirklich beieinander zu sein.
In meinem Buch gibt es eine ähnliche Szene, inspiriert von diesem Moment, und auch meine Figur Judith Rosner trägt etwas von ihr in sich.
Auch die Bauersleute in meinem Roman erinnern an die Menschen im Film – freundlich, aber vorsichtig, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch zu helfen und der Angst, was passieren könnte, wenn jemand davon erfährt. Sowohl der Film als auch die Autobiografie haben mich daran erinnert, dass Mut viele Gesichter haben kann. Manchmal ist er laut, manchmal ganz still. Und oft besteht er einfach darin, trotz der Angst das Richtige zu tun.
Dunkle Schatten überm See ist aus diesem Gedanken entstanden. Es erzählt von Menschen, die alles geben, um zu überleben, nur um dann feststellen zu müssen, dass es vielleicht nicht genug war.
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